Dienstag, 7. Februar 2012

Fort Cochin & Mattancherry experience

Gestern bin ich nur im touristischen Fort Cochin herumgestolpert. Heute teilweise auch, bis mich ein Rikschafahrer mit dem (fuer ihn) sicher extrem witzigen Spruch "Hey black man, I have a Ferrari and you need a Cochin sightseeing trip! Right?" aufgabelte. Hm, eigentlich ein wenig zu daemlich fuer meinen Geschmack, aber warum nicht. Bevor ich in der Knallsonne alle Sehenswuerdigkeiten selber suchen muss, kann das auch gleich der Rikschafahrer machen, dessen Ferraririkscha nicht mal rot ist. Zuerst faehrt er mich in eine Waescherei. Hier wird die Waesche wie die letzten Jahrhunderte gewaschen und dann mit 10 kg schweren erhitzten Stahlbuegeleisen platt gebuegelt. So muss es wohl meiner Schwarzwaesche vorgestern ergangen sein. Die naechsten Rikschafahrer schleppen die naechsten Touris an. Ok, eine AbhakStation haben wir fertig. Es folgt ein JainTempel. Ich lasse mein Zeugs nicht unbeaufsichtigt draussen liegen und was kann es Besseres geben als den Haupt-JainTempel in Ranakpur? Weiter geht es zu einem Durgatempel im Stadtteil Mattancherry. Hier sieht es doch indischer aus, auch wenn ich in Fort Cochin die huebschen portugiesisch-hollaendischen Kolonialhaeuser (jetzt meist Hotels oder Shops) auch nicht schlecht fand, aber ich will ja Indien sehen. Mattancherry gefaellt mir, wir rasen nur leider durch zum naechsten Stop, dem Mattancherry Palace.

Den hatten 1555 die Portugiesen gebaut und dem hier ansaessigen Raja geschenkt. Klar, sie wollten an die Gewuerze und sonstige begehrte Rohstoffe ran, haben sich also im grossen Stil eingeschleimt. Spaeter uebernahmen die Hollaender den Palast, renovierten ihn. Weiter gehts zum hollaendischen Friedhof, der leider geschlossen ist. Eine Gewuerzverarbeitungsfirma ist das naechste Ziel. Hier liegt tonnenweise Ingwer zum trocknen im Hof. Sehr altes baufaelliges Gebaeude. Die Gewuerze steigen einem extrem in die Nase. Ich kaufe hier einen Packen Masala-Gewuerze, will zuhause auch meinen MasalaTea schluerfen, was ich mir in Rajasthan angewoehnt habe. Der Rikschafahrer war bis jetzt ganz ok, jetzt faengt er an, mich in teure Geschaefte zu fahren. Im einem Shop bekommt er Benzingutscheine, wenn er Touristen anschleppt. Da ich aber sehr schnell wieder raus bin und nichts kaufe, bekommt er keinen. Ich mache ihm klar, das ich ihn fuers Fahren bezahle und wenn das nicht reicht, muessen wir die Rikscha wechseln.

Ich moechte jetzt zur Kirche St.Francis, da wo Vasco da Gama, der hier starb, 14 Jahre herumlag, bis er nach Lissabon ueberfuehrt wurde. Auch hier muss man die Schuhe ausziehen, mache ich nicht, bleibe im Eingang stehen. So toll sieht die angeblich erste Kirche auf indischen Boden nun auch nicht aus. Ein aelterer Inder unterhaelt sich mit mir, Smalltalk, aber sehr nett. Er ist einfach nur am Leben in Europa interessiert, fragt nach dem "Woher" und "Wohin" und berichtet auch stolz von seiner Tochter, die Lehrerin an einer Schule in Delhi ist. Diesen Art von Austausch ohne geschaeftlichen Hintergrund mag ich, ist mir leider noch nicht allzu oft passiert.

Der Rikschafahrer, ein 25-jaehriger Moslem, dessen Namen ich vergessen habe, moechte erneut ein Geschaeft mit mir besuchen. Dort bekommt er ein kostenloses T-Shirt. Ok, aber dann will ich ihn loswerden. Diese StartStoppSightSeeing nervt mich zunehmend, ich will das lieber allein machen. Ich verlange nach einem fliegenden Teppich, um den Laden so schnell wie moeglich wieder verlassen zu koennen. Man zeigt mir stattdessen Teppiche, die einfach nur der Erdanziehungskraft gehorchen! Die sind zwar sehr huebsch, ist aber nicht mein Style. Ich verschwinde wieder. Der RikschaMan bekommt sein T-Shirt und ich meine Ruhe. Ich frage nach Elefanten, weil ich heute eigentlich in eine 50 km entfernte Elefantenschule wollte, das aber verpennt habe. Heute Abend findet in Stadtteil Mattancherry ein Fest statt. Da treten Elefanten auf. Am Meer probiere ich eine lokale Spezialitaet. Das tat ich gestern schon und es schmeckte seltsam. Heute bekomme ich einen Huehnerknochen mit ein wenig Fleisch tief in einem Reishaufen verbuddelt, in dem alle dem Koch zur Verfuegung stehenden Gewuerze landeten. Hm, ich esse es halb auf, weil ich Hunger habe.

Als ich durch ein mir unbekanntes Viertel laufe, hoere ich laute martialische Marschmusik. Das kommt aus einer Maedchenschule. Die Tuer vom Portal ist angelehnt. Ich wage mich da mal rein. Auf dem Hof dieser christlichen Schule exerzieren so ca. 12-jaehrige Maedchen wie US-Marines zur ebenfalls von Schuelerinnen gespielten Marschmusik. Wow, was fuer ein Drill! Werden die zu christlichen Gotteskriegerinnen ausgebildet? ;)

Ups. Hier im I-Cafe winken links und rechts Israelis und Niederlaenderinnen extatisch in die Skype-WebCams. WIE SOLL ICH MICH DENN DA KONZENTRIEREN !?!?!? 

Nach meiner Siesta mache ich mich auf und fahre mit der Faehre fuer ganze 2 Rupien zur naechsten Halbinsel, die Veepyn heisst. Da gibt es am Ufer auch ein paar dieser uralten und nur mit 4 Mann zu bedienenden Fischernetze. Einige davon aber schon arg zerstoert und nicht mehr benutzbar. Es ist heiss und ich fahre fuer 2 Rupien zurueck. Gegen Abend erinnere ich mich an das Fest in Mattancherry. Da moechte ich hin! Das war die beste Entscheidung des Tages! Das Hindu-Fest findet einmal im Jahr statt und einen gigantischen Elefanten in Festschmuck sehe ich in einer Gasse. Vor ihm spielen halbnackte Maenner ohrenbetaeubende Musik auf Trommeln und antiken Blasinstrumenten. Wow. Das ist kein Touristenspektakel, denn ich sehe hier keine Touristen. Die haengen drueben in Fort Cochin in ihren klimatisierten Restaurants und Hotels ab. Das ist gut so. ;) Ich schaue dem Elefanten, den Musikern, dem indischen Publikum in wunderbar bunten Kleidern fasziniert zu. Ich surfe durch die Gassen, die mit querstehenden Rikschas abgesperrt sind. Ich glaube ich tauche zum ersten mal richtig ein in dieses Indien. Und so wie das hier aussieht, koennte ich mich in dieses Land verlieben. Also gleich nach Afrika. ;) Das Schoene hier - ich werde kaum wahr genommen. Sonst ist das leider der Fall, schon mal wegen meinen schwarzen Klamotten, der Weste mit den 1000 (vollgestopften) Taschen, die man schon oefters als militarisch :( hier gedeutet hat (steht aber Outdoorweste drauf!) und natuerlich Yoda, der immer aus meiner Hosentasche nach dem Rechten schaut.

In einer anderen Gasse ist ein kleines Theater aufgebaut, wo kleine extrem auf erwachsen geschminkte Maedchen als Tempeltaenzerinnen  auftreten. Ihre Muetter halten das auf ihren Handys fest. An einem Schrein, wo die Glauebigen in einem Behaelter Salz anhaeufen und beten, tauche ich in den bunt-froehlichen indischen Menschenstrom ein, der mich irgendwann an den anderen Rand der Gasse spuelt, von wo ich fasziniert das Geschehen beobachte und dann auch etwas abseits festhalte. Auf dem Rueckweg, in einem anderen Viertel, treffe ich  ebenfalls auf Musikkapellen und lebensfrohe Taenzer. Es interessiert hier niemand, das ich filme, fotografiere. Man wird sogar sehr oft freundlich angelaechelt. In Afrika haetten sie mir die Cams oder haufenweise Geld abgenommen. Sehr entspannt hier. Ich denke mal, es wird fuer mich irgendwann einen "Indien Trip Reloaded" geben. Ist ja ein riesiges Land und ich habe und werde nur einen Bruchteil davon sehen.

Morgen frueh dann den richtigen Bus zum Flughafen Ernakulam erwischen und ueber Mumbai nach Goa fliegen. Mal sehen, wie ich von da nach Hampi komme...

Greetz
Steffen








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